Kirsten Buchholzer

Tarotwissen

Ein Sommernachtstraum — Tarot-Legesystem für die Sommersonnenwende

Last Updated on 21. Juni 2023 by Tarot­wissen

„Ich dien' der Elfenkönigin
Und tau ihr Ring' aufs Grüne hin.
Die Primeln sind ihr Hofgeleit;
Ihr seht die Fleck' am goldnen Kleid,
Das sind Rubinen, Feengaben,
Wodurch sie süß mit Düften laben.“
Eine Elfe in Shakespeares Ein Sommernachtstraum

Mal etwas früher, mal etwas später, doch immer um den 21. Juni herum steht die Sonne am Him­mel­szenit wie fest­ge­na­gelt. Der längste Tag des Jahres ist gekommen: Som­mer­son­nen­wende – end­lich Som­mer­an­fang! Und doch – gleich­zeitig werden die Nächte nun wieder länger, in wenigen Monaten zieht der Herbst ins Land. Da heißt es: Mit allen Sinnen JETZT genießen.

Sommersonnenwende ist immer um den 21. Juni herum

Von jeher wurde also das Sommer-„Solstitium“ ( wört­lich lat. für „Son­nen­still­stand“) als Höhe­punkt von Frucht­bar­keit und Sin­nes­freuden im Jah­res­ver­lauf zele­briert. Hohe Feu­er­räder auf Hügeln und Bergen wett­ei­ferten mit dem Son­nen­rund und sym­bo­li­sierten in einem „Wie oben so unten“ die Ver­bun­den­heit von Kosmos und Mensch. So wichtig waren diese Rituale für die Bevöl­ke­rung, dass im Zuge der Chri­stia­ni­sie­rung Europas der 24. Juni (als Spie­ge­lung des 24. Dezem­bers und in näch­ster Nähe zum Son­nen­kulttag) kur­zer­hand zum Johan­nistag erklärt wurde. Zwar brennen so auch heute noch vie­ler­orts die „Johan­nes­feuer“. Doch mit der üppigen Lebens­freude und Sinn­lich­keit der heid­ni­schen Son­nen­an­ru­fung hat der magere Asket Johannes der Täufer – dem dieser Tag gewidmet wurde – nun wahr­lich nichts zu tun.

Sommersonnenwende — die Zeit der Großen Göttin

Viel­mehr gehört diese Zeit der Großen Göttin, ob nun als Demeter, Ceres, Cer­ridwen, Inanna, Rhea, Hera oder Freya bekannt – oder als römi­sche Göttin Juno, der der Juni seinen Namen ver­dankt. Hoch­schwanger, üppig, vor Saft und Kraft strot­zend prä­sen­tiert sich dieses herr­liche Voll­weib zum Som­mer­an­fang. Es ist eine magi­sche Zeit, die sich beson­ders für Schön­heits- und Lie­bes­zauber, Glücks- und Kraft­zauber eignet. Nur allzu gern lässt uns die Große Mutter an ihrer Fülle teil­haben. Sie ermu­tigt dazu, die blei­bende warme Zeit vor der Ernte in vollen Zügen zu genießen. Dafür ver­langt sie nicht gleich eine solch groß­ar­tige Opfer­gabe wie das Ver­fassen eines Werkes wie Shake­speares Som­mer­nachts­traum. Er hat der großen Göttin in Form der lei­den­schaft­li­chen Elfen­kö­nigin Titania und ihren vielen Gei­stern und Feen, die die Som­mer­mo­nate berei­chern, ein Denkmal gesetzt. Es genügt bereits, sich durch eine kleine Kar­ten­aus­lage auf das per­sön­liche Göt­tin­nen­po­ten­tial, die eigene Genuss­fä­hig­keit und Selbst­liebe zu besinnen.

Mit dem Tarot zu mehr Selbstliebe finden 

Die wun­der­schöne Prin­zessin
der Scheiben aus dem
Röhrig-Tarot.

Dies jeden­falls ist der Grund­ge­danke meiner Tarot­le­gung „Ein Som­mer­nachts­traum“, die ich hier vor­stelle. Patin ist eine meiner  Lieb­lings­karten, die lust­voll rei­fende Prin­zessin der Scheiben aus dem Röhrig-Tarot. Beim Gedanken an die Energie der Som­mer­son­nen­wende haben sich mir bei Betrach­tung des Bildes vier Fragen aufgedrängt:

Die Auslage:

1. Augen: Wel­ches Bild soll ich visua­li­sieren, um meine Genuss­fä­hig­keit zu för­dern?
2. Brüste: Was nährt jetzt meine Sinn­lich­keit?
3. Bauch: Wie möchte sich die Große Göttin in mir bis zum Ern­te­fest mani­fe­stieren?
4. Stoffe: Womit kann ich der Großen Göttin am besten danken?

Ein Beispiel aus der Legepraxis

Vor einem Jahr, zur Som­mer­wende 2018, machte ich es mir dann in meinem Medi­ta­ti­ons­zimmer gemüt­lich, um die Kar­ten­le­gung aus­zu­pro­bieren. Damals fühlte ich mich nicht gerade „gött­lich“ oder „sinn­lich“. Viel­mehr war ich gestresst und genervt vom Rödel­alltag. Liebe, Erotik und Lebens­freude nahmen gerade wenig Platz in meinem Leben ein, beson­ders, weil ich mich mit Gewichts­pro­blemen her­um­schlug. Mit dem Gedanken, dass ich eine andere Ein­stel­lung zu meinem Körper gewinnen müsste, und mit einem kleinen Stoß­gebet zur Großen Göttin, zog ich fol­gende Karten:

Das Lege­sy­stem “Som­mer­nachts­traum” von Kir­sten Buch­holzer, gelegt mit dem Röhrig-Tarot, © www.koenigsfurt-urania.com

Als erstes fiel mir auf, dass der Prinz der Schwerter, der das Leit­bild für meine Sinn­lich­keit dar­stellte, blind war. Span­nend, da er in der Posi­tion „Augen“ lag. Bei dieser Karte geht es für mich darum, starre, alte und über­lebte Gedan­ken­ketten zu durch­bre­chen und neuen Phan­ta­sie­ge­bilden Raum und Farbe zu ver­leihen. Daher hat er einiges mit dem Turm zu tun. 

Die Licht­quelle im Hin­ter­grund deutet an, dass der Durch­bruch hierbei kurz bevor­steht. Doch Sätze wie „Ist das alles anstren­gend!“ oder „Wie unat­traktiv sehe ich denn wieder aus?“ ver­helfen mir wahr­schein­lich nicht zu einer sinn­li­cheren Lebens­füh­rung. Da wun­derte es mich wenig, dass auf Posi­tion 2 aus­ge­rechnet Trumpf XIX Die Sonne zu liegen kam, auf der eine Son­nen­an­be­tung erkennbar ist. 

Logisch: Das Son­nen­wen­den­ri­tual selbst konnte mir dazu ver­helfen, mich wieder mehr anzu­nehmen, mich selbst zu wärmen und zu spüren. Wer genießen will, muss sich auch die Zeit dafür nehmen. Eine kleine Aus­zeit, wenig­stens ein Son­nenbad wäre doch wohl drin, damit der All­tags­stress dahin schmelzen kann. Ähn­li­ches schien mir auch die 10 der Kelche auf Posi­tion 3 ver­mit­teln zu wollen. 

Um der Großen Göttin üppige Form zu geben, sind keine dra­ma­ti­schen Rituale nötig. Es reicht, mit Bewusst­sein gute Musik zu hören, sich in Träume fallen zu lassen, die Seele zu  sät­tigen, nicht nur der Magen. Womit ich der Göttin für diese Erkenntnis danken konnte? Nun, der Prinz der Kelche lässt seinen Sehn­süchten und Träumen stets freien Lauf. 

Er sieht auch Dinge, dich nicht mit den Händen und Augen greifbar sind. Viel­leicht könnte ich mich der Göttin am besten dankbar erweisen, wenn ich an sie glaubte und von ihr erzählen würde. Dies tue ich nun. Die Quint­essenz der Legung – Gerech­tig­keit – bestä­tigte mir diesen Gedanken: Glaube an deinen gött­li­chen Anteil ebenso wie an deinen Körper und du wirst ein gutes Leben haben… 

Einige Tage später fand ich auf einem Floh­markt eine sehr schöne Dar­stel­lung der schla­fenden Titania aus dem Som­mer­nachts­traum. Ich habe sie sofort erstanden und sie hängt nun in meinem Bade­zimmer, dem Ort, in dem ich mich am sinn­lich­sten fühle.

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