Last Updated on 23. November 2022 by Tarotwissen
Mit Vollgas ans Ziel — Das Legesystem Der Wagen
Die hier vorgestellte Legung basiert auf dem Tarot-Trumpf VII, „Der Wagen“, in der modernen Auslegung Interpretation des Künstlers Carl‑W. Röhrig. Er übersetzt die Botschaft dieser Karte „Alles auf Sieg“ konsequent mit einem in den Startlöchern scharrenden Rennwagen und bringt sie so den Kartenbefragenden des 21. Jahrhunderts eingängig näher.
Dass das rasante Motiv des Wagens von © Carl W. Röhrig besonders inspirierend auf die Herren der Schöpfung wirken könnte, verwundert wohl wenig. Und tatsächlich diente es anlässlich eines meiner Karten-Workshops zum Thema Wesenszahl als Vorlage für die selbst zu entwickelnde Legung eines ambitionierten Mannes, der trotz enormen theoretischen Tarotwissens und starker intuitiver Anlagen große Probleme hatte, als Kartenleger endlich durchzustarten. Um herauszufinden, woran das liegen könne, entwarf er, seiner Wesenzahl Sieben entsprechend, eine 7‑Karten-Auslegung, die sich mit dem Thema Aufbruchsstimmung und Ungeduld – klassische Themen des Wagens – auseinander setzt.
Wozu eignet sich das Tarot-Legesystem „Der Wagen“?
Es eignet sich hervorragend für Fragen, die um das „Warum komme ich hier nicht weiter?“ zu einem bestimmten Thema kreisen, sei dies nun z.B. Spiritualität, Berufung, Liebe oder Genesung. Gleichzeitig gibt es erschöpfende Auskunft darüber, was getan werden kann, um das gewünschte Resultat ohne weitere Umwege und Verzögerungen zu erzielen und macht auf Faktoren aufmerksam, die bezüglich des jeweiligen Anliegens bisher übersehen wurden und dringend zu bedenken sind.
Wie funktioniert das Tarot-Legesysem „Der Wagen“?
Die Auslage orientiert sich am Röhrig-Rennwagen, gesehen aus der Vogelperspektive:
Position 1 stellt die Windschutzscheibe dar und gibt den Blick darauf frei, wofür das Ziel, auf das wir bewusst zu steuern, in unserem Leben eigentlich steht. Position 2 kann als Cockpit betrachtet werden. Hier können wir feststellen, welche unserer persönlichen Qualitäten notwendig sind, um das Ziel auch wirklich erreichen. Positionen 3 und 4 stellen Bremsen und Hindernisse dar – die Faktoren, die uns daran hindern, mit Vollgas vorzupreschen, aber uns auch bei zu hohem Tempo schützen. Dabei repräsentiert Position 3 eine bewusste Blockade, Position 4 Hindernisse, die uns nicht wirklich erkannt sind oder die wir unterbewusst übersehen wollen. Positionen 5 und 6 können ebenfalls mit einem Begriff zusammengefasst werden. Sie stellen die kraftvollen Motoren und den Antrieb dar, die uns bezüglich unseres Themas vorwärts drängen und uns ungeduldig machen. Position 5 zeigt hier eher unseren inneren Antrieb, während Position 6 auf die äußeren, unser Anliegen unterstützende Faktoren hinweist. Position 7 kann dann als Achse betrachtet werden. Sie stellt die Verbindung aller Karten miteinander her und weißt auf den nächsten zu machenden Schritt hin, damit das Ziel besser früher als später erreicht wird. Sie ersetzt die Quintessenz, die normalerweise eine Legung abrundet.
Selbstverständlich wurde diese humorvolle und kreative Legung noch während des Workshops von einigen Teilnehmern ausprobiert und gemeinsam gedeutet. Was nun folgt sind die Karten des Erfinders, nennen wir ihn Bernd, selbst. Die Frage lautete: „Was blockiert mein Fortkommen als Kartenleger und wie kann ich diese Hindernisse überwinden?“. Gelegt wurde natürlich mit den Röhrigs.
Beispiel-Interpretation des Tarot-Legesystems „Der Wagen“
Schon beim ersten Blick auf die gezogenen Karten springt die Dynamik der Legung geradezu ins Auge. 4 große Arkana, davon 3 (Trumpf III, VII, XIX) mit einer starken Feuerqualität, und 3 kleine Arkana aus der Stabreihe, die ja bekanntlich ebenfalls dem Element Feuer zugeordnet ist. Bernd scheint das Thema wirklich unter den Nägeln zu brennen. Auffällig auch die numerologische Wiederholung der Zahl 3 im Thema der Legung (Position 1) und in der Zusammenfassung (Position 7). „Die Herrscherin“ und ihre Qualitäten – u.a. Hingabe, Kreativität und subtiles Durchsetzungsvermögen – fordern hier deutlich ihren Raum. Es macht den Eindruck, als müsse Bernd mehr auf seine weibliche Seite, seine Anima, hören, um zu seinem Ziel zu gelangen. Bzw. die Auslebung seiner „inneren Frau“ ist der Wunsch hinter dem Wunsch, professioneller Kartenleger zu werden. Weiter ließe sich natürlich spekulieren, in wieweit Frauen (z.B. seine Mutter) auf diesen Wunsch Einfluss genommen haben. Vielleicht kommt er aus einer Familie, in der Frauen und deren Umgang mit weltlichen Themen, den Ton angeben. Oder er fühlt sich zu starken Frauen hingezogen. Position 2 („Acht der Stäbe“ – die „Schnelligkeit“) scheint diese Annahme (die sich auf Nachfrage als richtig herausstellte) zu unterstützen. Hier sehen wir eine ungeheure Anziehungskraft zwischen den Geschlechtern, wobei die Frau einen inspirierenden Einfluss auf den Doppelgesichtigen Mann zu haben scheint.
Deutlich macht diese Karte auf jeden Fall, dass es hier um die Vereinigung männlicher und weiblicher Fähigkeiten geht. Bernd muss lernen, seine hohe (weibliche) Intuition durch den (männlichen) Logos zuzulassen und auszudrücken. Daran hemmen ihn zwei Karten, die eben das solare Prinzip stark betonen. „Die Sonne“, Trumpf XIX – sein Ego – scheint wenig Raum für lunare Qualitäten zu lassen. Bernd möchte vielleicht seinen Kartenweg auch ohne zuviel sentimentales Einfühlungsvermögen und Seelenforschung angehen. Oder fehlt ihm etwa auch ein wenig die Demut vor der Sache an sich, hat er keinen Wunsch, sich der „großen Göttin“ unterzuordnen? Oder hat er einfach Angst vor der Hingabe an sie und den inneren, tief greifenden Prozessen, die das Kartenlegen in ihm dann auslösen könnte? Kurz, er hat wahrscheinlich Angst, sich selbst durch das Deuten für andere ein Stück weit in weiblicher „Diffusität“ zu verlieren. Unbewusst blockiert ihn spannender Weise „Der Wagen“, Trumpf VII – eben die Karte, die zur Inspiration der vorgestellten Auslegung diente und auch noch seine Wesenskarte ist. Fazit: Bernd meint sich und seine Ambitionen besser zu kennen (Sonne im Bewussten), als dies tatsächlich der Fall ist, denn er sieht sein wahres Wesen nicht. Das gerade dies seine übergroße Ungeduld bezüglich des Themas ausmacht, wurde Bernd bei Ansicht dieser beiden Karten sofort klar. Ebenso wie der Fakt, dass sich der Wagen und somit sein wahres Wesen jetzt endlich durchsetzen will.
Angetrieben wird diese Sehnsucht nämlich ausgerechnet von dem Trumpf, der numerologisch vor der Sieben steht. Arkanum Sechs, „Die Liebenden“, auf Position 5 verdeutlicht, wie stark Bernd von einem inneren Herzenswunsch angetrieben wird. Auch hier, wie schon bei der „Acht der Stäbe“, fällt das Thema der Vereinigung von männlichen und weiblichen Energien sofort auf. Die „Neun der Stäbe“ (auch als „Stärke“ bezeichnet) auf Position 6 schliesst nahtlos an den Zahlen gestützten Aufbau der Legung an, und zeigt, dass die Umsetzung der „Acht der Stäbe“ (die ja auch für die Verselbstständigung von erhofften Ereignissen steht) nicht mehr ewig auf sich warten lassen wird. Der Stein, der hier zersprengt, könnte als die Zerstörung der doch sehr künstlich wirkenden Egosonne betrachtet werden. Die Explosion hat eine viel lebendigere Strahlkraft als Trumpf XIX. Die Auseinandersetzung mit dem Thema männlich/weiblich wird Bernd also nicht nur in seiner Kartelegerlaufbahn unterstützten, sie wird auch sein wahres Wesen für ihn und alle anderen im wahrsten Sinne des Wortes frei sprengen. Die Karte auf Position 7, die „Drei der Stäbe“, fasst dann noch einmal den Tenor der ganzen Legung bestens zusammen. Bernd ist aufgerufen, sich nicht von latenten Starallüren, Helfersyndromen oder vielleicht auch dem schnellen Gelde blenden zu lassen, sondern seiner ganz persönlichen „Tugend“ (so der Untertitel der Karte) zu folgen. Dem Bild der Straße, dem eigenen Traum entgegen, ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Außer vielleicht, dass man auch zu Fuß dort anlangen kann, wo man meint, ein Rennwagen sei unbedingt von Nöten.