Last Updated on 24. Februar 2022 by Tarotwissen
Meine Tarotschule basiert auf dem Tarotkurs Basiswissen der Mantiker, den mein Mann und ich nun seit an die 20 Jahre anbieten.
Du hast dich nach einem anstrengenden Arbeitstag durch den Discounter deines Vertrauens gedrängt, dir an der Kasse die Beine in den Bauch gestanden und kannst endlich den Weg nach Hause anzutreten. Da siehst du zu deinem Schreck einen Obdachlosen vor der Ladentür stehen, der seine Zeitung feil bietet. Keine Chance — an ihm führt kein Weg vorbei. „O Gott, dafür habe ich jetzt aber wirklich keinen Nerv!“ echauffierst du dich — und hast gleich darauf ein schlechtes Gewissen „He, der steht sich da die Beine in den Bauch und du kannst dir volle Einkaufstüten leisten!“
„Klar!“ begehrt es von anderer Seite in dir auf „ICH tue schließlich was für mein Geld. Soll der doch auch!!!!“ „He, du kennst den doch überhaupt nicht, sei nicht immer so wertend! Du weißt doch gar nicht, warum er obdachlos geworden ist,“ springt es in dir von anderer Seite dem Zeitungsverkäufer verteidigend zur Seite. „Genau“, pflichtest du dir selbst bei „Und überhaupt — ist es nicht ein tolles Gefühl, jemanden mit nur einem Euro einfach mal zu helfen? So von Mensch zu Mensch?“…
Zwei Seelen in deiner Brust?
Die hier beschriebene Szene, oft von mir durchlebte Szene, hat sich sicher schon mal in der einen oder anderen Form in dir abgespielt. Welche Stimme letztendlich dabei die Oberhand gewonnen hat, weißt du am besten — darum soll es in diesem Artikel auch gar nicht gehen. Vielmehr möchte ich dir durch dieses Beispiel bewusst machen, dass in zahlreichen Alltagssituationen keineswegs Entscheidungen nur zwischen Kopf und Bauch oder deinem „Teufelchen” und „Engelchen“ gefragt sind, sondern zwischen einer Vielzahl von Stimmungen und Ansichten, die dir das authentische Handeln erschweren. Um es mit Otto von Bismarck zu sagen: „Faust klagt über die zwei Seelen in seiner Brust; ich beherberge aber eine ganze Menge, die sich zanken. Es geht da zu wie in einer Republik!“
Du bist eine Republik!
Republik ist ein gutes Stichwort! Wie sollen wir eigentlich ehrlich und konstruktiv in einer immer pluralistischeren Gesellschaft leben und agieren, wenn wir innerlich nicht einmal am selben Strang ziehen können? Hin- und hergerissen zwischen Logik, Erfahrungen, Gefühlen, Ängsten, Ethik, Sicherheitsstreben etc. — wie wollen wir da überhaupt dazu kommen, uns selbst zu verwirklichen, uns nach unseren besten Möglichkeiten zu entfalten?
Triff dein inneres Team
Nun, darauf hat der Hamburger Kommunikationspsychologie Friedmann Schulz von Thun eine interessante Antwort gefunden: Der Mensch bewegt sich nicht nur als ein Teil eines Systems innerhalb seiner Familie, Arbeit und Gesellschaft — auch in sich selbst ist er ein geschlossenes System, das in seiner ganzen Vielfalt wahrgenommen, anerkannt und organisiert werden will. Dieses System — oder meistens eher unbewusstes Durcheinander — bezeichnet Schulz von Thun als das „Innere Team“.
Er wäre kein Kommunikationspsychologe, wenn er mit dieser Bezeichnung nicht auch ein leicht anwendbares Modell entwickelt hätte, das aus einem chaotischen Haufen von Stimmen eine zusammengeschweißte Truppe machen kann. Dazu bedarf es nur etwas Phantasie und der Freude an der Erforschung des eigenen Wesens. Der Lohn für die Mühe? Je besser du dein eigenes System und die damit verbundenen Bedürfnisse und und Ziele kennst, umso schneller kannst du die großen und kleinen Fragen des Lebens entscheiden, dir selbst gerecht werden und mit dir im Einklang handeln.
Komm mit dir ins Gespräch!
Wie gehst du nun am beste vor?
- 1. Gib den verschiedenen „Stimmen“ in dir einen Namen
Rufe dir beispielsweise die oben beschriebene Situation plastisch vor Augen und stelle dir vor, der innere Diskurs wird von unterschiedlichen Teammitgliedern geführt, die in dir unterschiedliche Rollen haben. Welche Bedürfnisse und welche Botschaften repräsentieren sie?
Der „Gestresste“ ist beispielsweise davon genervt, dass er sich nach dem Supermarktchaos schon wieder mit etwas auseinandersetzen muss, wozu er keine Lust hat. „Pedanten-Egon“ ist der Ansicht, dass der Obdachlose gefälligst auch einen öden Job zu machen habe, um sein Geld zu verdienen. „Karma-Uschi“ hingegen meint, dass wir im Leben nur weiterkommen, wenn wir großzügig und edel sind und die „Alternative“ ist der festen Ansicht, dass du Menschen ohne Vorurteile begegnen solltest. Spiele das Spiel ruhig weiter, sei kreativ bei der Namensgebung. Du wirst überrascht sein, wie viele Personen sich in dir melden — und wie leicht du manche benennen kannst, während andere eher abstrakt im Hintergrund bleiben. Du wirst Laute und Leise, Frühmelder und Spätmelder, Willkommene und Unwillkommene kennenlernen.
- 2. Verstehe die Zusammenhänge deiner inneren Familie
Jetzt beginnt der eigentliche Teil der Arbeit: Werfe niemanden aus dem Team, der dir peinlich oder unangenehm ist! Male lieber für jede/n eine kleine Karteikarte aus und gruppiere alle danach, wer aus deiner Sicht gut zusammenarbeitet, wer sich streitet, wer den Ton angeben will und wer sich an den Rand gedrängt fühlt. Hier ein persönliches Beispiel:
Je intensiver du dir dein Team ausmalst und die verschiedenen Gruppierungen durchspielst, umso klarer erkennst du die Dynamiken deiner inneren „Familie“ und kannst se nutzen. In meinem Beispiel haben sich der Gestresste und „Pedanten-Egon“ gegen „Karma-Uschi“ und die „Alternative“ verbündet. Das muss so nicht sein!
- 3. Verschaffe dir Autorität
Du bist natürlich das Oberhaupt deines inneren Systems. Du fühlst dich nicht so? Dann ändere es! Überlege dir wer von deinen verschiedenen Teammitgliedern für welchen Lebensbereich das Sagen haben soll und mache sie oder ihn zur Abteilungsleitung! Keiner soll dabei unterdrückt werden, also sorge dafür, dass die gewählte Leitung — in meinem Beispiel die „Alternative“ — alle Teilnehmer an den grünen Tisch bittet und gemeinsam Kompromisse gefunden werden, hinter denen alle Anteile stehen können. Dein inneres Gesamtklima verbessert sich, wenn alle Gehör bekommen und ernst genommen werden. In meinem Falle musste ich einen Weg finden, bei der Ansicht eines Obdachlosen weder ein schlechtes Gewissen zu haben noch gereizt über etwas zu sein, wofür der Zeitungsverkäufer eigentlich nichts kann.
- 4. Entwickle eine Strategie für die Zukunft
Nach der Diskussion am grünen Tisch hat sich im geschilderten Beispiel folgende Strategie herauskristallisiert: Künftig werde ich jeden Monat fünf einzelnen Euro-Stücken in einem separaten Teil meines Portemonnaies griffbereit parat haben. So kann ich ungestresst mein Gewissen reinhalten und spontan entscheiden, wann ich wem was geben will. Für diese relativ einfache Problemstellung brauchte ich dank des inneren Teams nicht mal eine halbe Stunde, um eine langfristig befriedigende Lösung zu finden.
Was hat das alles nun mit den Tarotkarten zu tun?
Das innere Team und die Hofkarten
Nun, das o.g. Modell erinnerte mich sehr an die Karte 5 Stäbe im Waite-Smith Tarot. Schau genau hin: Könnte sich da nicht gerade dein „inneres Team“ ordentlich kabbeln?
Und weiter gedacht — streiten sich da vielleicht gerade die Hofkarten?
Diese Gedanken haben mich zur folgenden Übung mit den Hofkarten inspiriert:
Tarotschule: Eine Übung mit den Hofkarten
- Beschafft dir eine Körperkegel-Vorlage wie die der Künstlerin Tatjana Potemkin. Auch auf der Seite von Schulz von Thun findest du Material.
- Nimm die Hofkarten aus deinem Deck und denke an ein Thema, bei dem du hin- und hergerissen bist.Schreib es auf. Wenn du kein Thema hast, denke einfach darüber nach, welche Hofkarten prinzipiell zu deinem Team gehören
- Wer ist in deinem Team? Wähle maximal 5 Hofkarten aus und gib ihnen einen Namen.
- Arrangiere dein Team intuitiv auf dem „Körperkegel“. Mache ein Foto — gibt es eine Karte, die dir besonders hilfreich erscheint?
- Stelle dir folgende Fragen:
a) Wer nervt mich am meisten?
b) Wen mag ich am meisten?
c) Wer, bezogen auf die Fragestellung, ist mein Hauptantrieb. - Nun ziehst du jeweils eine Karte für:
a) Wie komme ich mit dem Nerver am besten klar?
b) Wie kann mein Liebling die Situation ins Gleichgewicht bringen?
c) Wie stärke ich meinen Hauptantrieb?
von Aleister Crowley und Lady Frieda Harris
Interpretiere die Karten und mache ein Foto von ihnen.
7. Arrangiere die Karten nun zu einem gut funktionierendes Team um. Gibt es eine Karte, die dir als besonders hilfreich erscheint? Konzentriere dich auf sie und ziehe eine Karte, wie du deine Gruppe mit ihrer Hilfe am besten zusammenhältst. Interpretiere sie. Mache ein Foto vom Gesamtergebnis. Viel Spaß beim Ausprobieren!
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