Tarotschule mit Kirsten Buchholzer — Teil 10: Der Tarot-Hof und dein inneres Team

Last Updated on 24. Februar 2022 by Tarot­wissen

Meine Tarot­schule basiert auf dem Tarot­kurs Basis­wissen der Man­tiker, den mein Mann und ich nun seit an die 20 Jahre anbieten.

Du hast dich nach einem anstren­genden Arbeitstag durch den Dis­counter deines Ver­trauens gedrängt, dir an der Kasse die Beine in den Bauch gestanden und kannst end­lich den Weg nach Hause anzu­treten. Da siehst du zu deinem Schreck einen Obdach­losen vor der Ladentür stehen, der seine Zei­tung feil bietet. Keine Chance — an ihm führt kein Weg vorbei. „O Gott, dafür habe ich jetzt aber wirk­lich keinen Nerv!“ echauf­fierst du dich — und hast gleich darauf ein schlechtes Gewissen „He, der steht sich da die Beine in den Bauch und du kannst dir volle Ein­kaufs­tüten leisten!“

„Klar!“ begehrt es von anderer Seite in dir auf „ICH tue schließ­lich was für mein Geld. Soll der doch auch!!!!“ „He, du kennst den doch über­haupt nicht, sei nicht immer so wer­tend! Du weißt doch gar nicht, warum er obdachlos geworden ist,“ springt es in dir von anderer Seite dem Zei­tungs­ver­käufer ver­tei­di­gend zur Seite. „Genau“, pflich­test du dir selbst bei „Und über­haupt — ist es nicht ein tolles Gefühl, jemanden mit nur einem Euro ein­fach mal zu helfen? So von Mensch zu Mensch?“…

Zwei Seelen in deiner Brust?

Die hier beschrie­bene Szene, oft von mir durch­lebte Szene, hat sich sicher schon mal in der einen oder anderen Form in dir abge­spielt. Welche Stimme letzt­end­lich dabei die Ober­hand gewonnen hat, weißt du am besten — darum soll es in diesem Artikel auch gar nicht gehen. Viel­mehr möchte ich dir durch dieses Bei­spiel bewusst machen, dass in zahl­rei­chen All­tags­si­tua­tionen kei­nes­wegs Ent­schei­dungen nur zwi­schen Kopf und Bauch oder deinem „Teu­fel­chen” und „Engel­chen“ gefragt sind, son­dern zwi­schen einer Viel­zahl von Stim­mungen und Ansichten, die dir das authen­ti­sche Han­deln erschweren. Um es mit Otto von Bis­marck zu sagen: „Faust klagt über die zwei Seelen in seiner Brust; ich beher­berge aber eine ganze Menge, die sich zanken. Es geht da zu wie in einer Republik!“

Du bist eine Republik!

Repu­blik ist ein gutes Stich­wort! Wie sollen wir eigent­lich ehr­lich und kon­struktiv in einer immer plu­ra­li­sti­scheren Gesell­schaft leben und agieren, wenn wir inner­lich nicht einmal am selben Strang ziehen können? Hin- und her­ge­rissen zwi­schen Logik, Erfah­rungen, Gefühlen, Äng­sten, Ethik, Sicher­heits­streben etc. — wie wollen wir da über­haupt dazu kommen, uns selbst zu ver­wirk­li­chen, uns nach unseren besten Mög­lich­keiten zu entfalten?

Triff dein inneres Team

Nun, darauf hat der Ham­burger Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­logie Fried­mann Schulz von Thun eine inter­es­sante Ant­wort gefunden: Der Mensch bewegt sich nicht nur als ein Teil eines Systems inner­halb seiner Familie, Arbeit und Gesell­schaft — auch in sich selbst ist er ein geschlos­senes System, das in seiner ganzen Viel­falt wahr­ge­nommen, aner­kannt und orga­ni­siert werden will. Dieses System — oder mei­stens eher unbe­wusstes Durch­ein­ander — bezeichnet Schulz von Thun als das „Innere Team“.

Er wäre kein Kom­mu­ni­ka­ti­ons­psy­cho­loge, wenn er mit dieser Bezeich­nung nicht auch ein leicht anwend­bares Modell ent­wickelt hätte, das aus einem chao­ti­schen Haufen von Stimmen eine zusam­men­ge­schweißte Truppe machen kann. Dazu bedarf es nur etwas Phan­tasie und der Freude an der Erfor­schung des eigenen Wesens. Der Lohn für die Mühe? Je besser du dein eigenes System und die damit ver­bun­denen Bedürf­nisse und und Ziele kennst, umso schneller kannst du die großen und kleinen Fragen des Lebens ent­scheiden, dir selbst gerecht werden und mit dir im Ein­klang handeln. 

Komm mit dir ins Gespräch!

Wie gehst du nun am beste vor?

  • 1. Gib den ver­schie­denen „Stimmen“ in dir einen Namen

Rufe dir bei­spiels­weise die oben beschrie­bene Situa­tion pla­stisch vor Augen und stelle dir vor, der innere Dis­kurs wird von unter­schied­li­chen Team­mit­glie­dern geführt, die in dir unter­schied­liche Rollen haben. Welche Bedürf­nisse und welche Bot­schaften reprä­sen­tieren sie? 

Der „Gestresste“ ist bei­spiels­weise davon genervt, dass er sich nach dem Super­markt­chaos schon wieder mit etwas aus­ein­an­der­setzen muss, wozu er keine Lust hat. „Pedanten-Egon“ ist der Ansicht, dass der Obdach­lose gefäl­ligst auch einen öden Job zu machen habe, um sein Geld zu ver­dienen. „Karma-Uschi“ hin­gegen meint, dass wir im Leben nur wei­ter­kommen, wenn wir groß­zügig und edel sind und die „Alter­na­tive“ ist der festen Ansicht, dass du Men­schen ohne Vor­ur­teile begegnen soll­test. Spiele das Spiel ruhig weiter, sei kreativ bei der Namens­ge­bung. Du wirst über­rascht sein, wie viele Per­sonen sich in dir melden — und wie leicht du manche benennen kannst, wäh­rend andere eher abstrakt im Hin­ter­grund bleiben. Du wirst Laute und Leise, Früh­melder und Spät­melder, Will­kom­mene und Unwill­kom­mene kennenlernen.

  • 2. Ver­stehe die Zusam­men­hänge deiner inneren Familie

Jetzt beginnt der eigent­liche Teil der Arbeit: Werfe nie­manden aus dem Team, der dir pein­lich oder unan­ge­nehm ist! Male lieber für jede/n eine kleine Kar­tei­karte aus und grup­piere alle danach, wer aus deiner Sicht gut zusam­men­ar­beitet, wer sich streitet, wer den Ton angeben will und wer sich an den Rand gedrängt fühlt. Hier ein per­sön­li­ches Beispiel:

Tarotschule 10. Das innere Team von Kirsten Buchholzer
Kir­stens inneres Team

Je inten­siver du dir dein Team aus­malst und die ver­schie­denen Grup­pie­rungen durch­spielst, umso klarer erkennst du die Dyna­miken deiner inneren „Familie“ und kannst se nutzen. In meinem Bei­spiel haben sich der Gestresste und „Pedanten-Egon“ gegen „Karma-Uschi“ und die „Alter­na­tive“ ver­bündet. Das muss so nicht sein!

  • 3. Ver­schaffe dir Autorität

Du bist natür­lich das Ober­haupt deines inneren Systems. Du fühlst dich nicht so? Dann ändere es! Über­lege dir wer von deinen ver­schie­denen Team­mit­glie­dern für wel­chen Lebens­be­reich das Sagen haben soll und mache sie oder ihn zur Abtei­lungs­lei­tung! Keiner soll dabei unter­drückt werden, also sorge dafür, dass die gewählte Lei­tung — in meinem Bei­spiel die „Alter­na­tive“ — alle Teil­nehmer an den grünen Tisch bittet und gemeinsam Kom­pro­misse gefunden werden, hinter denen alle Anteile stehen können. Dein inneres Gesamt­klima ver­bes­sert sich, wenn alle Gehör bekommen und ernst genommen werden. In meinem Falle musste ich einen Weg finden, bei der Ansicht eines Obdach­losen weder ein schlechtes Gewissen zu haben noch gereizt über etwas zu sein, wofür der Zei­tungs­ver­käufer eigent­lich nichts kann.

  • 4. Ent­wickle eine Stra­tegie für die Zukunft

Nach der Dis­kus­sion am grünen Tisch hat sich im geschil­derten Bei­spiel fol­gende Stra­tegie her­aus­kri­stal­li­siert: Künftig werde ich jeden Monat fünf ein­zelnen Euro-Stücken in einem sepa­raten Teil meines Porte­mon­naies griff­be­reit parat haben. So kann ich unge­stresst mein Gewissen rein­halten und spontan ent­scheiden, wann ich wem was geben will. Für diese relativ ein­fache Pro­blem­stel­lung brauchte ich dank des inneren Teams nicht mal eine halbe Stunde, um eine lang­fri­stig befrie­di­gende Lösung zu finden. 

Was hat das alles nun mit den Tarot­karten zu tun?

Das innere Team und die Hofkarten

Nun, das o.g. Modell erin­nerte mich sehr an die Karte 5 Stäbe im Waite-Smith Tarot. Schau genau hin: Könnte sich da nicht gerade dein „inneres Team“ ordent­lich kabbeln?

Und weiter gedacht — streiten sich da viel­leicht gerade die Hofkarten?

Karten aus dem Bor­der­less RWS, © Public Domain

Diese Gedanken haben mich zur fol­genden Übung mit den Hof­karten inspiriert:

Inneres Team Vor­lage nach Schulz von Thun von Tat­jana Potemkin

Tarotschule: Eine Übung mit den Hofkarten

  1. Beschafft dir eine Kör­per­kegel-Vor­lage wie die der Künst­lerin Tat­jana Potemkin. Auch auf der Seite von Schulz von Thun fin­dest du Material.
  2. Nimm die Hof­karten aus deinem Deck und denke an ein Thema, bei dem du hin- und her­ge­rissen bist.Schreib es auf. Wenn du kein Thema hast, denke ein­fach dar­über nach, welche Hof­karten prin­zi­piell zu deinem Team gehören
  3. Wer ist in deinem Team? Wähle maximal 5 Hof­karten aus und gib ihnen einen Namen.
  4. Arran­giere dein Team intuitiv auf dem „Kör­per­kegel“. Mache ein Foto — gibt es eine Karte, die dir beson­ders hilf­reich erscheint?
  5. Stelle dir fol­gende Fragen:
    a) Wer nervt mich am mei­sten?
    b) Wen mag ich am mei­sten?
    c) Wer, bezogen auf die Fra­ge­stel­lung, ist mein Hauptantrieb.
  6. Nun ziehst du jeweils eine Karte für:
    a) Wie komme ich mit dem Nerver am besten klar?
    b) Wie kann mein Lieb­ling die Situa­tion ins Gleich­ge­wicht bringen?
    c) Wie stärke ich meinen Hauptantrieb?
Kir­stens Kör­per­kegel, gelegt mit dem Thoth Deck
von Alei­ster Crowley und Lady Frieda Harris

Inter­pre­tiere die Karten und mache ein Foto von ihnen.

7. Arran­giere die Karten nun zu einem gut funk­tio­nie­rendes Team um. Gibt es eine Karte, die dir als beson­ders hilf­reich erscheint? Kon­zen­triere dich auf sie und ziehe eine Karte, wie du deine Gruppe mit ihrer Hilfe am besten zusam­men­hältst. Inter­pre­tiere sie. Mache ein Foto vom Gesamt­ergebnis. Viel Spaß beim Ausprobieren!

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