Weihnachtsfest

Gedanken zum Weihnachtsfest: Die 10 Münzen im Tarot

Last Updated on 24. Dezember 2020 by Tarot­wissen

Taler, Taler, du musst wan­dern,
Von dem einen zu dem andern,
Das ist herr­lich, das ist schön.
Taler lass dich nur nicht seh‘n.
(dt. Volks­weise, 19. Jhd).

Ist es wirk­lich schon so weit? Ja, tat­säch­lich! das Weih­nachts­fest steht wieder vor der Tür, Christ­kinds Geburtstag und somit die Zeit des Jahres, in der Fami­li­en­sinn und die Zusam­men­kunft der Gene­ra­tionen noch groß­ge­schrieben werden. So bietet sich als Tarot-Karte des Dezem­bers natür­lich beson­ders die 10 Münzen an, die tra­di­tio­nell als »Fami­li­en­karte« betrachtet wird. Aber auch den Nicht­chri­sten unter uns kann dieses Kleine Arkanum als Symbol des Yule-Fests gelten, das auch heute noch vieler Orts zur Win­ter­son­nen­wende am 21. Dezember begangen wird.

Die Numerologie der 10 Münzen

Schließ­lich kor­re­spon­diert die 10 num­e­ro­lo­gisch mit den Ener­gien des Trumpfs Rad des Schick­sals und befasst sich so mit Wand­lung, großer Umkehr und Wie­der­auf­stieg. Eben genau wie Yule, das bereits lange vor Jesus’ Zeiten der Geburt des Lichts in der dun­kel­sten Nacht des Jahres gedachte. Und noch ein wei­terer Aspekt ver­bindet den »Herrn des Reich­tums« – wie der Golden Dawn diese Karte nannte – mit der fei­er­lich-dunklen Jah­res­zeit: Die Okkul­ti­sten des 19. Jahr­hun­derts stellten sie näm­lich ins Zei­chen der Näch­sten­liebe und sahen in ihr eine Auf­for­de­rung, erschaf­fenen oder ererbten Wohl­stand mit weniger glück­li­chen Men­schen zu teilen, damit er immer weiter gedeihen kann. Nur im Umlauf befind­liche Münzen waren für sie eine wert­volle Wäh­rung. Dies magi­sche Gesetz hat auch heute nichts von seiner Kraft ver­loren. Viele unter uns erin­nern sich wenig­stens zur Weih­nachts­zeit daran.

10 Münzen bei Röhrig

10 Scheiben im Tarot von Röhrig
Die 10 Scheiben stehen für Freud und Leid des­Reich­tums (Die Zehn Scheiben aus dem Röhrig-Deck ©Carl W. Röhrig)

Wie es aus­sehen kann, wenn wir das jedoch nicht tun und statt­dessen an unseren Ver­mö­gens­werten fest­kleben, illu­striert Künstler Pablo Röhrig ein­gängig in seiner Ver­sion der Zehn der Scheiben. Im Vor­der­grund sehen wir eine kreis­runde Ansamm­lung diverser glit­zernder Objekte, die an den Die­bes­schatz einer Elster oder an den unrecht­mäßig erwor­benen Schatz des legen­dären Dra­chen-Riesen Fafner erin­nern. Ein Bild, das trotz allen Reich­tums düster und klau­stro­pho­bisch wirkt. Nur hinter der Kugel­mauer (die das Sprich­wort »My home is my castle!« umzu­setzen scheint) ist die Karte in helles Licht getaucht. Es locken offene Ferne und Frei­heit, gleich einem Aufruf, die schüt­zenden und doch ein­engenden Mauern nie­der­zu­reißen und mit anderen die ange­häuften Kost­bar­keiten zu teilen, damit aus dem beschützten Heim kein Gefängnis wird.

Was hat der Tarot-Turm mit den 10 Münzen zu tun?

Auch die Inter­pre­ta­tion von Arthur Waite und Pamela Colman Smith spielt auf diese Gefahr an, selbst wenn die Karte auf den ersten Blick hell und gesellig wirkt. Schließ­lich ist das Schließ­lich ist das leben­dige Motiv auch eine Umset­zung von Waites tra­di­tio­nell-divin­a­to­ri­schen Stich­worten »Fami­li­en­an­ge­le­gen­heiten«, »Gewinn«, »Reichtum«, »Fami­li­en­do­mizil« und somit eigent­lich von erdiger Boden­stän­dig­keit geprägt. Doch, wie Rachel Pol­lack in ihrem Klas­siker 78 Säulen der Weis­heit bemerkt, scheint die hier dar­ge­stellte Familie – anders als auf der anson­sten ähn­li­chen 10 Kelche – die soliden Annehm­lich­keiten fami­liärer Gebor­gen­heit als selbst­ver­ständ­lich hin­zu­nehmen. Ob sie diese aber auf ewig halten können, ist gänz­lich unge­wiss. So jeden­falls deute ich den sich im Hin­ter­grund erhe­benden »Wol­ken­kratzer«, der auf Trumpf Der Turm und somit darauf ver­weist, dass alles, was als beständig und sicher ange­sehen wird, jeder­zeit ein­stürzen kann, wenn es nicht immer wieder auf Sinn­haf­tig­keit hin­ter­fragt wird. Das Symbol mög­li­cher Deka­denz wird im strah­lenden Son­nen­schein von der ver­sam­melten Familie aller­dings ebenso wenig bemerkt, wie die magi­schen Zei­chen, die nahe dem Tor­bogen in den bür­ger­li­chen Alltag drängen.

Du bekommst, was du verdienst

10 Münzen im Tarot von Waite-Smith
Wer den eigenen Wohl­stand nicht bewegt, ver­mehrt ihn nicht. (Die 10 Münzen im Bor­der­less Smith-Waite Tarot, public domain)

Da wäre z.B. die Waage, die das Mau­er­werk im Vor­der­grund schmückt und auf den Trumpf Gerech­tig­keit samt der Bot­schaft »Du kriegst, was du ver­dienst« ver­weist; der Zau­ber­stab, den wohl ein Magier oder Eremit daneben ange­lehnt hat; die eben­falls auf der Mauer befind­li­chen Burgen, die von Hel­den­reisen und Aben­teuern spre­chen, und natür­lich der alte Mann, der – gekleidet in das bunte Rei­se­ge­wand der kel­ti­schen Barden – Rast auf seiner Reise macht. Ist das etwas der Eremit, Trumpf IX? Oder hat sich Waite mit der Figur dieses Dich­ters und Sän­gers ein Denkmal gesetzt? Sein Wappen jeden­falls, ein ver­schnör­keltes »W«, domi­niert den Mantel des alten Mannes.

Weihnachtsfest — Stille Zeit, heilige Zeit

Pas­send, denn wo Waite beson­ders mit seinen Münz­karten darum bemüht ist, den Alltag zu beseelen, ver­sucht der Barde, das Fami­li­en­leben durch seine mysti­schen Lieder zu berei­chern. Doch noch sitzt er unbe­merkt in der Dun­kel­heit nahe dem Tor, das in Träumen und Mär­chen oft für eine mög­liche Ver­bin­dung zwi­schen zwei Welten steht. Wie dieser myste­riöse Gast vom Paar – einmal auf ihn auf­merksam geworden – emp­fangen wird, und inwie­weit die beiden ihm erlauben, ihr Leben zu ver­än­dern – davon hängt wie in so vielen Mythen und Mär­chen ihr wei­teres Schicksal ab. Lassen sie magi­sche Ele­mente in ihr All­tags­leben und öffnen sich somit dem Unbe­kannten und neuen Bewusst­seins­ebenen? Oder sperren sie diese Themen lieber aus und leben immer mehr in einer Welt, die nur aus Fakten und fass­barem Prag­ma­tismus besteht?

Auch Gene machen reich

Weniger para­bel­haft drückt Crowley-HarrisZehn der Scheiben ähn­liche Über­le­gungen aus: Vor einem in spi­ri­tu­ellem Vio­lett gehal­tenen Hin­ter­grund sind zehn gelbe Münzen in Form des kab­ba­li­sti­schen Baum des Lebens ange­ordnet. Dieses Motiv ver­bindet die Dar­stel­lungen der beiden Tarot-Klas­siker mit­ein­ander und zeigt, dass sowohl Waite als auch Crowley diese letzte Karte im Tarot­spiel ganz im Sinne der Lehren des Golden Dawn als Aus­druck von Mal­kuth sahen, der unter­sten und mate­ri­ell­sten Lebens­baum-Sephirah und somit das irdi­sche König­reich der Kab­ba­li­sten. Was Waite in Bil­der­sprache umsetzen lässt, drückt der Thoth Tarot durch die über­große unterste Münze im Baum aus, die zusätz­lich von zwei ver­schat­teten Münzen im Hin­ter­grund umrahmt wird. Diese münz­starke Dar­stel­lung macht den Lebens­baum gleich­zeitig zum Geld­baum, und auch – wie Johannes Fiebig im Arbeits­buch zum Crowley Tarot findet – zum Stamm­baum, der dazu auf­for­dert, das Wirken ver­schie­dener Gene­ra­tionen zu einem großen Ganzen zu verbinden.

Doch auch dafür wäre Wand­lung nötig. Denn in seinem Buch Thoth sieht Crowley die Zehn der Scheiben als eine Energie größter und letzter Ver­dich­tung, in der die ursprüng­liche Kraft des Tarot, sym­bo­li­siert durch die Ursprungs­kräfte des Narren, voll­ständig ver­braucht ist. Akron ver­weist in seinem Crowley-Führer in diesem Zusam­men­hang auf den mit den Zehn der Scheiben in Ver­bin­dung ste­henden Geld­sack, der auf Trumpf O abge­bildet ist. Und auch Crowley betont, »dass der erwor­bene Reichtum, der träger Natur ist, gänz­lich ver­schwinden wird, wenn er nicht einer wei­teren Ver­wen­dung zuge­führt wird, in dem seine Kraft anderen Zielen als dem der Anhäu­fung gewidmet wird«.

Macht hoch die Tür, die Tore macht weit

Wie bei Waite hilft auch hier nur ein magi­scher Ein­fluss, der aller­dings genau wie der alte Sänger bereits vor der Tür steht. Schließ­lich ist die 10 Scheiben astro­lo­gisch Merkur in der Jung­frau zuge­ordnet und mit den Sym­bolen des Halb­gottes über­säht. Merkur-Thoth-Hermes, der Bot­schafter zwi­schen den Welten, der Patron der Händler und auch der per­sön­liche innere Magier, kann uns dabei helfen, die Materie in ihrer tief­sten Ver­fe­sti­gung wieder mit Sehn­sucht nach höheren Werten und somit zum Streben nach oben, nach Wand­lung, zu bewegen. Seine nutz­baren Mittel dafür heißen: offene Kom­mu­ni­ka­tion, Intel­li­genz und Freude am leben­digen Umgang mit der Materie und mit Geld. Der Kreis schließt sich also. Nur im Umlauf befind­liche Münzen sind eine wert­volle Wäh­rung. Und auch wenn wir nicht gleich alle zu Stif­tern werden müssen – die Zehn der Münzen kann uns durchaus dazu auf­for­dern, Geld oder Sach­werte zu spenden, um den Wohl­stand aller Men­schen ordent­lich zu düngen.

In diesem Sinne: Frohe Weihnachtszeit!

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