Bewältigung akuter Krisen mit „Methode Eisenhower“ — Legesystem nach Harald Schmidt

Dwight „Ike“ David Eisen­hower hatte reich­lich Krisen zu managen. Schließ­lich war der Ame­ri­kaner nicht nur Ober­be­fehls­haber der alli­ierten Streit­kräfte in Europa wäh­rend des Zweiten Welt­kriegs, son­dern auch Prä­si­dent der Ver­ei­nigten Staaten von 1953 bis 1961. Beson­ders um auf unvor­her­seh­bare Ereig­nisse und nicht immer bere­chen­bare Stra­te­gien schnell reagieren zu können, ent­wickelte, prak­ti­zierte und lehrte er ein recht radi­kales System der Prio­ri­sie­rung von Hand­lungs­schritten. Knapp und auf das Wesent­liche kom­pri­miert, orga­ni­sierte er mit dieser Methode „Eisen­hower“ anste­hende Auf­gaben schnell und logisch nach­voll­ziehbar. Sie half ihm bei der Ent­schei­dung, was sofort, später oder gar nicht bear­beiten werden musste.

Lange als Arbeits­ge­heimnis der USA-Prä­si­denten gehütet, fand schließ­lich auch die breite Öffent­lich­keit Zugang zu der Methode. Inzwi­schen ist sie fester Bestand­teil von Coa­chings und Trai­nings beim Arbeits- und Zeit­ma­nage­ment. Denn sie ist nicht nur geeignet, durch poli­ti­sche und krie­ge­ri­sche Wirren zu tak­tieren, son­dern auch eine große Stütze, wenn es gilt, in Kri­sen­si­tua­tionen den Durch­blick und einen kühlen Kopf zu behalten.

Wie genau funk­tio­niert die Methode? Nun, Eisen­hower unter­schied zunächst einmal zwi­schen inhalt­lich wich­tigen und zeit­lich drin­genden zu erle­di­genden Auf­gaben. Das drückte der Prä­si­dent in einem Ach­sen­dia­gramm (y=Wichtig) und (x=drängend) aus. Dabei ent­standen vier nach Wich­tig­keit geord­nete Posi­tionen,  durch­zu­führen von A nach D.

Die Methode Eisen­hower als Achsendiagramm.

Auch im Reper­toire einer Kar­ten­le­gerin ist diese Methode als emo­tio­nales Coa­ching-Instru­ment äußerst nütz­lich. „Inhalt­lich wichtig“ kann schließ­lich auch ein äußerst per­sön­li­ches und ver­wir­rendes Anliegen sein. Gerade im Gefühls­chaos, das oft in uns herrscht, wenn wir zu den Karten greifen, ist es beson­ders hilf­reich, klare und logisch nach­voll­zieh­bare Rat­schläge zur Bewäl­ti­gung der eigenen Ängste und Auf­lö­sung der Blockaden zu erhalten.

In Jeanne Rulands Stan­dard­werk „Das große Buch der Lege­me­thoden” findet sich bei­spiels­weise ein Lege­sy­stem namens „Eisen­hower-Methode”, das aller­dings die oben beschrie­bene Vor­ge­hens­weise durch wei­tere Posi­tion auf eine spi­ri­tu­elle Ebene zu heben ver­sucht. So span­nend das ist, scheint mir diese Erwei­te­rung das Anliegen des Systems —  „In der Kürze liegt die Würze“ — zu untergraben.

Hier soll daher die Vari­ante meines Kar­ten­leger-Kol­legen Harald Schmidt (nein, nicht der, an den du jetzt gleich denkst) vor­ge­stellt werden. Diese hält sich eng an das ame­ri­ka­ni­sche Vor­bild. Sie sieht fol­gen­der­maßen aus:

Lege­sy­stem “Methode Eisen­hower” von Harald Schmidt

Zur Ver­deut­li­chung nun ein Bei­spiel aus der Karten-Praxis: Stu­dent Axel schreibt seine Diplom­ar­beit. Der Abga­be­termin rückt beäng­sti­gend näher, doch Axel leidet unter einer hef­tigen Schreib­blockade. Er kommt ein­fach nicht mehr voran und lenkt sich mit allen mög­li­chen Dingen ab. Seine Woh­nung jeden­falls ist blit­ze­blank. Schließ­lich ringt er sich durch, die Karten zu befragen. Von denen möchte er nun wissen, wie er seine Unpro­duk­ti­vität über­winden kann. Fol­gende Karten zieht er dazu mit dem Deck des Künst­lers Carl‑W. Röhrig.

Ein Pra­xis­bei­spiel aus der Deu­tungs­ar­beit von Kir­sten Buch­holzer, gelegt mit dem Röhrig-Tarot (© Aquamarin-Verlag)

Bei erster Betrach­tung der Aus­lage fällt auf, dass sich Axel viel­leicht nicht so zer­mar­tern sollte. Schließ­lich deutet die Abwe­sen­heit jeg­li­cher Trumpf­karten darauf hin, dass seine Schreib­blockade kein schwer­wie­gendes und unüber­wind­bares Pro­blem dar­stellt. Auf der anderen Seite sind aller­dings sämt­liche Ele­mente ver­treten. Dies könnte bedeuten, dass der junge Mann sein inneres Gleich­ge­wicht etwas ver­loren hat und es seine Auf­gabe ist, dies wieder her­stellen sollte, bevor er erneut flüssig schreiben kann. Die Quint­essenz der Legung, „Der Teufel“ weist hierbei darauf hin, wel­ches Thema aus­zu­glei­chen ist. Scheinbar sym­bo­li­siert der Pro­zess des Schrei­bens seiner Diplom­ar­beit für Axel auf einer Ebene die Inte­gra­tion eigener Schatten und Ängste — viel­leicht sogar mehr als bloße Prü­fungs­angst. Zu hin­ter­fragen wäre hier zum Bei­spiel, aus wel­chen Motiven Axel sich der Prü­fung stellt. Sollte es sein, um mate­riell schnell voran zu kommen, so hat er ziem­lich sicher das eigent­liche Thema ver­fehlt (As der Münzen auf Posi­tion 4).

Was aber muss Axel tun, um wieder moti­viert an die Arbeit zu gehen? Die Zehn der Schwerter auf Posi­tion 1 weisen auf seine starke men­tale Anspan­nung hin und halten unseren Helden zum Umdenken an. Viel­leicht stimmt seine kom­plette These nicht, even­tuell argu­men­tiert er der­zeit auch nur falsch oder aber er hat sich ein­fach in Ver­sa­gens­ängste zu sehr hinein gestei­gert. Wie dem auch sei, es wäre viel­leicht eine gute Idee, mög­lichst bald eine Weile von der Arbeit ein­fach Abstand zu nehmen und — trotz Zeit­druck — etwas aus­zu­spannen. Fri­sche Luft, Sport oder ange­nehme, tri­viale Ablen­kungen wären ratsam. Andern­falls läuft Alex Gefahr, unter dem selbst gemachten Stress bald zusammen zu brechen.

Eine ähn­liche Aus­sage wird auch durch die Vier der Kelche auf Posi­tion 2 getroffen. Die Karte zeigt, dass Axel sich wohl mit der Arbeit in ihrer jet­zigen Form nicht wirk­lich iden­ti­fi­zieren kann. Scheins hat er im Schreib­pro­zess die emo­tio­nale Anbin­dung an das Thema ver­loren und somit fällt es ihm immer schwerer, tiefer in die Materie ein­zu­steigen. Eine krea­tive Aus­zeit — wie in Posi­tion 1 vor­ge­schlagen — wäre auch hier eine gute Idee. Mit dem Umdenken kommt dann hof­fent­lich auch der gefühls­mä­ßige Umschwung.

Span­nend dann, dass auf Posi­tion 3 — die ja die Mög­lich­keit des Dele­gie­rens bietet — eine Hof­karte liegt. Der Prinz der Stäbe bietet sich viel­leicht schon längst als Person im Umfeld von Axel an. Viel­leicht wäre es eine gute Idee, nicht nur sein Gehirn etwas aus­zu­lüften, son­dern sich außerdem mit Freunden, Dozenten und Kom­mi­li­tonen über sein Thema aus­zu­tau­schen. Viel­leicht reicht es aber auch, ein span­nendes Buch zu lesen. Denn der Stä­be­prinz mit seiner feu­rigen Energie ver­spricht Inspi­ra­tion und fri­sche neue Impulse, die den Stu­denten mit­reißen und zu neuen Taten ermun­tern können.

Wie bereits ange­deutet — jeg­liche Gedanken an mate­ri­elle Aus­wir­kungen der Magi­ster­ar­beit sollte Axel zur Zeit tun­lichst unter­lassen. Viel­leicht träumt er ja bereits vom großen Ruhm oder hofft, mit seiner Arbeit bahn­bre­chende Erkennt­nisse zu for­mu­lieren, aus denen es Geld und Ova­tionen zu schlagen gilt. Oder aber, Axel träumt ein­fach schon davon, schnell und ohne Anstren­gung fertig zu sein. Doch damit wäre die wesent­liche Bedeu­tung der Arbeit ver­fehlt. Sie stellt schließ­lich eine Prü­fung dar (Quint­essenz Der Teufel), aus der Axel mehr ziehen soll als nur mate­ri­ellen Profit — seine per­sön­liche Ein­wei­hung in die Welt der Wissenschaft.

Nach der Legung und der Umset­zung der ein­fa­chen Hand­lungs­an­wei­sungen konnte sich Axel etwas ent­spannen. Nach einer Woche Pause, ange­regten Dis­kus­sionen mit Freunden und ein paar Sauna-Besu­chen revi­dierte er einige Pas­sagen in seiner Arbeit und brachte sie dann schnell zu Ende.

Share this post