Ich lernte James Wanless 2914 auf einem Tarot-Event in Utrecht kennen. Hier kannst du mehr über unser erstes Treffen erfahren. Da ich ihn sehr faszinierend fand, habe ich ihn gleich mal interviewt. Los geht’s.
Kirsten: Lieber James, toll, dass ich dir ein paar Fragen stellen darf! Erzähle mir bitte erst einmal etwas über deinen Entwicklungsweg vom Universitätsprofessor hin zum Tarot-Reisenden.
James: Ich war Ende Zwanzig, als ich meinen Lehrstuhl in Politischen Wissenschaften an der Columbia Universität von einem auf den anderen Tag aufgab und auf Reisen ging. Obwohl ich damals ein gutes Leben hatte, spürte ich, dass das noch nicht alles war… Zuerst verschlug es mich in die arabischen Staaten, wo ich weiter dozierte. Dann fuhr ich nach Indien und fing mir sofort eine heftige Hepatitis ein. Ich erholte mich in einem buddhistischen Kloster und — wie es so oft passiert — entdeckte dort durch diese Krankheit meine Spiritualität, die dem Buddhismus sehr zugetan ist. Kurz nach meinem 30. Geburtstag begann meine ganz persönliche Visionquest!
Kirsten: Und warum bist du dann nicht in Indien geblieben?
James: Es gab noch so viel anderes zu sehen und ich musste auch Geld verdienen. Nach vier Wanderjahren kehre ich daher zurück nach Amerika. In San Francisco, Anfang der 1970er eine Hochburg der Esoterikszene, verdingte ich mich als Meditationslehrer. Eines Tages legte mir Angeles Arrien die Karten. Das war’s! Ich war so begeistert, dass ich bei ihr Unterricht nahm und gemeinsam mit Mary K Greer die Cowley-Tarot-Schulbank drückte.
Kirsten: Ah, deinen Crowley-Bezug spürt man schon beim Betrachten des Voyager Tarot. Wie kam es dazu, dass du dein eigenes Deck entwickeltest?
James: Nun, auf meinen Reisen war ich so vielen Nationen und Kulturen begegnet, dass mir die Sprache des von weißen europäischen Männern geprägten Tarots — samt Schwertern und Royals — einfach nicht zusagte. Ich wollte etwas Multikulturelles erschaffen, ein Crossculture-Deck, das allen Religionen und Kulturen gerecht ist und mit dem sich auch Afrikaner und Asiaten identifizieren können.
Kirsten: Du warst 38 Jahre, als das Voyager 1977 verlegt wurde. Dreißig Jahre, ungefähr einen Saturnzyklus später, fingst du an, dich mit einer ganz neuen Form der Kartenarbeit zu beschäftigen.
James: Genau. „Sustain Yourself“ kam mir Anfang des neuen Jahrtausends. Die Grundidee war der Wunsch nach einem Kartenspiels, das ich ohne Bedenken als Coaching-Tool in der Geschäftswelt einsetzen konnte. Mir kam damals der Gedanke, die Natur, der ich die wichtigsten meiner Lebenslektionen verdanke, zum Thema meiner Karten zu machen. Bisher sind daraus 101 Karten entstanden, aber der Prozess ist noch lange nicht abgeschlossen. Sie sind wie der Tarot in fünf Kategorien unterteilt: Pflanzen, Mineralien, Tiere, Elemente und Menschen. Allerdings ist es teilweise schwer, ein Wesen einer Kategorie zuzuordnen. Bakterien und Schimmel beispielsweise. Sind das nun Tiere oder Pflanzen? Auf jeden Fall sind dies mit die besten Karten, die du ziehen kannst. Selbst wenn es wohl wenige Menschen gibt, die auf Schimmel stehen. Aber er bewirkt unglaubliche Dinge unterhalb der Erde. Alle meine Karten, die auf Mutation und somit auf Entwicklung hinweisen, sind besonders gut. Deshalb habe ich auch auf der Kartenrückseite den Querschnitt eines DNA-Strangs verwendet. Die DNA ist die Verbindung aller Kartenmotive, denn sie sieht bei jedem Lebewesen gleich aus.
Kirsten: Interessant, aber was meinst du damit, dass du der Natur die wichtigsten Lebenslektionen verdankst?
James: Nun, auf meinen Reisen und durch meine schamanische Arbeit habe ich mich sehr viel in ihr aufgehalten. Es ist unglaublich, was man alles lernt und wahrnimmt, wenn man sich auf sie einlässt. Beispielsweise, wenn man erkennt, was alles in scheinbar verlassenen Einöden lebt und sich entwickelt. Durch meine Vision Quest kam ich Ende des letzten Jahrhunderts auch in Kontakt mit dem „Grünen Mann“. Für „heidnische“ Kulturen ist er ein Gott der Ekstase und der fruchtbaren Lebenslust. Die Christen verwechseln ihn auch gern mal mit dem Teufel. Mir ist er in einer sehr intensiven Meditation erschienen, um mich aufzufordern, „Sustain Yourself“ zu veröffentlichen. Seither arbeite ich mit ihm an der Weiterentwicklung der Karten.
Kirsten: Heißt das, du channelst ihn?
James: Ja, so ungefähr. Ich verkörpere ihn aber auch. Sagen wir es so: Ich bin ein sehr analytischer und rationaler Mensch. Wenn ich eine Geschäftsidee oder ein neues spirituelles Werkzeug konzipiere, arbeite ich vom Kopf hinunter in den Körper. Der Grüne Mann hilft mir, vom Körper hoch in den Kopf hinein zu fühlen. So bin ich viel stärker im Kontakt mit meinen Instinkten und meiner Intuition. Meine Kunst, meine Arbeit, meine Aussagen werden so nicht nur vom Ego, sondern meinem ganzen Wesen gesteuert. Das ist das Geheimnis meines Erfolgs als Coach und Businessberater.
Kirsten: Ist das einer der Gründe, warum du die Arbeit mit den Sustain-Karten empfiehlst?
James: Natürlich, und die Tatsache, dass du mit diesen Karten lernst, wie die Natur zu denken. Folgst du der Natur, lernst du, wie du dich weiterentwickelst und überlebst. Vom Urknall, zum Ocean, zu den Amphibien, den Tieren, den Menschen hin. Die Karten machen uns die ständigen Evolution und Mutation des Lebens bewusst und helfen, uns dadurch selbst weiter zu entwickeln. Dank der fünf Kategorien weiß ich immer, welchen Aspekt meiner Natur ich gerade aktivieren muss, um lange und gut zu leben.
Kirsten: Hm, also ich habe eigentlich nicht wirklich viel mit Natur am Hut. Ich brauche mein Make-Up, meine tägliche Dusche und liebe die Stadt. Dennoch muss ich gestehen, dass mich deine Karten extrem ansprechen. Das sind alles Collagen, richtig?
James: Ja, und alle von mir auf meinen Reisen gemacht. So wie du denken übrigens sehr viele „moderne“ Menschen. Dagegen ist auch nichts einzuwenden. Auch ich möchte nicht in der Steinzeit leben. Dennoch, der Mensch ist viel mehr Natur als Mensch! Ein Körper besteht aus Milliarden von Zellen, von denen 90% nicht menschlich sind, sondern aus Bakterien, Luft oder anderen Stoffen bestehen. Die Karten helfen, unser Gehirn daran zu erinnern und die Kräfte anderer Lebensformen zu nutzen. Die wichtigste Frage, die wir an die Karten stellen können ist: Was will dir Mutter Natur gerade sagen?
Kirsten: Oh, dann lass mich doch gleich mal die Frage stellen (zieht eine Karte aus dem riesigen Stapel vor ihr).
James: Wow! Eine menschliche Karte (beide lachen): Kreatives Chaos und Reinigung. Radikal, wie beim Turm im Tarot, wird alles Alte aus dem hier dargestellten Kopf geblasen.
Kirsten: James, du beschreibst hier gerade meinen Lebensalltag. Na, dann werde ich mich mal weiter durch das Chaos inspirieren lassen. Dir herzlichen Dank für das Interview.
James: Es war mir ein Vergnügen.
Das Interview wurde 2014 in Utrecht geführt. Hier kannst du alle Sustain Yourself Karten sehen.